Mittwoch, 30. August 2017

» Der Schatten des Windes ; Carlos Ruiz Zafón

"Daniel Semperes Leben im grauen Barcelona der Nachkriegszeit erfährt eine drastische Wende, als er die Schicksalsbahn eines geheimnisvollen Buches kreuzt. Er gerät in ein Labyrinth abenteuerlich verknüpfter Lebensläufe, und es ist, als wiederhole sich vergangene Geschichte in seinem eigenen Leben. Die Menschen, denen er bei seiner Suche nach dem verschollenen Autor begegnet, die Frauen, in die er sich verliebt - sie alle scheinen Figuren in einem grossen Spiel, dessen Fäden erst ganz am Schluss sichtbar werden."

Die Geschichte

1945 wird Daniel Sempere von seinem Vater zum Friedhof der vergessenen Bücher geführt, nachdem er nachts aufwachte und das Gesicht seiner verstorbenen Mutter vergessen hatte. An diesem seltsamen Ort entdeckt Daniel das Buch "Der Schatten des Windes" des Autors Julián Carax, das den 10-jährigen sogleich fesselt und nicht mehr loslässt. Doch es ist nicht einfach nur ein Buch. Daniel, der in einer Buchhandlung lebt und aufgewachsen ist, will mehr von diesem unbekannten Autoren lesen und gerät so in den Strudel der Geschehnisse rund um die verlorenen Bücher des Julián Carax - und mitten hinein in die Gefahr. Wer war dieser Autor? Wer ist die Person, die überall in Buchhandlungen und Bibliotheken einbricht, um die letzten Exemplare der Geschichten in Brand zu setzen und zu vernichten?
Daniels Suche erstreckt sich über Jahre, und manchmal durch Zufall, schließlich jedoch durch gezielte Recherche kommt er Stückchen für Stückchen hinter das große Geheimnis um Julián Carax. Doch im Nachkriegs-Spanien ist nie sicher, wem der junge Mann vertrauen kann.

Die Bewertung

Es ist das erste Buch von Carlos Ruiz Zafón, das ich gelesen habe, und schon während der ersten Seiten fragte ich mich, wie es dazu kommen konnte, dass ich so lange gewartet habe. Das Schlimmste: Halb hatte ich vor, das Buch ungelesen zurück in die Bücherei zu geben - was wäre das für eine Schande gewesen!
Carlos Ruiz Zafóns Schreibstil fesselt von der ersten Seite hinweg in bildgewaltiger, metaphorischer, kluger und ironischer Sprache. Auch wenn ich zuerst nicht richtig wusste, aus welchem Genre das Buch eigentlich stammt, fiel es schwer, es aus der Hand zu legen. Normalerweise habe ich eine instinktive und eigentlich nicht zu erklärende Scheu vor Büchern mit geschichtlichem Hintergrund, aber man muss sich mit der spanischen Geschichte nicht gut auskennen, um mitgerissen zu werden - sie bettet die Geschichte einfach nur ein.
Aus der Perspektive von Daniel Sempere verfolgt der Leser von 1945 an über elf Jahre den Weg des Jungen zur Wahrheit - er kommt von Julián Carax und dem Rätsel um ihn nicht los, wird dabei erwachsen und entwickelt sich. Hinter der Geschichte von Daniel wird die tragische Geschichte von Julián Carax selbst erzählt, bis am Ende des Buchs beinahe alles offenbart ist, und man als Leser mit diesem Gefühl der Zufriedenheit und gleichzeitigen Leere zurückbleibt, wenn ein Meisterwerk zu Ende gelesen wurde. Die Figuren rund um Daniel auf seiner Suche sind wunderbar beschrieben und herausgearbeitet, sie haben Charakter und Einzigartigkeit. Mit am schönsten ist die Sprache Zafóns, sie fesselt einen ebenso sehr wie Daniel Sempere vom Roman im Roman gefesselt wurde. Fein gewoben hat der Autor das Mysterium und bis zum Ende wird der Leser überrascht, was einfach eine Kunst ist. Höchster Lesegenuss und daher

mindestens 5 von 5 Punkten!