Dienstag, 30. Juni 2020

» Wie du mich siehst ; Tahereh Mafi

"Eine Kleinstadt in den USA: Shirins Alltag ist zum Albtraum geworden. Sie hat genug von den unverschämten Blicken, den erniedrigenden Kommentaren und den physischen Attacken, die sie
ertragen muss, weil sie Muslima ist. Sie flüchtet sich ins Musikhören und in das Breakdance-Training mit ihrem Bruder und dessen Freunden. Shirin hat beschlossen, niemandem mehr zu trauen. Bis sie an ihrer neuen High School den Jungen Ocean trifft. Er ist der erste Mensch seit langem, der Shirin wirklich kennenlernen möchte. Erschrocken weist Shirin ihn harsch zurück. Ocean ist für sie aus einer Welt, aus der ihr bisher nur Hass und Ablehnung entgegenschlugen. Aber dann kommt alles anders ..."

Die Handlung

Schon wieder eine neue High School für Shirin, und doch ist alles wieder, wie sie es kennt: Die Leute starren sie an. In den Jahren nach dem 11. September ist es für Shirin zu einem Albtraum geworden, dass sie ein Kopftuch trägt. Dass ihr unterstellt wird, dass sie Terroristin ist. Dass sie zu einem Feindbild geworden ist.
Als ihr großer Bruder, der im Gegensatz zu ihr nie Schwierigkeiten hat, Freunde zu finden, einen Lehrer findet, der ihnen eine Breakdance-AG erlaubt, erscheint ihr wie ein Licht am Horizont: Breakdance ist ihre Leidenschaft und in dieser sicheren Atmosphäre entfaltet sich Shirin. 
Doch in ihrem Biologie-Kurs sitzt Ocean, der ihre Welt auf eine ganz andere Art erschüttert: Er möchte sie unbedingt kennenlernen, sucht als ihr Laborpartner immer wieder das Gespräch und steht ihr unverhofft zur Seite, als sie in einem Kurs rassistisch behandelt wird. Doch Ocean kommt aus einer Welt, in die Shirin nicht hineinpasst, weiß, erfolgreich und sehr beliebt. Sie will ihre Mauern nicht einreißen, ihre Schutzschicht nicht verdünnen...

Die Bewertung

Lest dieses Buch!
Dies ist eine der vielen Own Voices Geschichten, die meinen Horizont erweitert haben. Tahereh Mafi hat selbst erlebt, worüber sie schreibt: Sowohl Shirins Leidenschaft für Breakdance als auch der Hass und die Ablehnung, die der Hauptfigur entgegenschlägt, ist für Mafi biografisch. Sie schreibt eindringlich aus dieser Perspektive, in die ich mich als weiße Leserin nur bis zu einem gewissen Grad hineindenken kann - und das Wissen, dass all das in diesem fiktiven Roman so realistisch und vor allem realitätsgetreu ist, macht mich schockiert, wütend und sprachlos. Genau das schaffen gute Bücher: Sie erzählen Geschichten, die uns emotional berühren und zum Nachdenken anregen. 
Eine richtig gute Bewertung kann ich nur schwer formulieren, außer: Es war eine berührende Geschichte, von der ich kaum die Finger lassen konnte. Es ist wichtig, für Repräsentation zu sorgen - und ich bin froh, dass ich dieses Buch gelesen habe. Es hat mir das Herz ein bisschen gebrochen, aber mich auch zum Lachen gebracht. Die Figuren sind toll geschrieben und es ist eines der besten Jugendbücher, die ich in der letzten Zeit gelesen habe. 

5 von 5 Sterne

Montag, 1. Juni 2020

» Die goldenen Wölfe ; Roshani Chokshi (# 1)

"Ein Team aus talentierten Schatzjägern begibt sich zur Zeit der Pariser Weltausstellung 1889 auf die Suche nach einem überaus kostbaren Artefakt. Und was sie finden werden, dürfte die Welt verändern …"

Die Geschichte

In einer Welt voller Magie, der Schmiedekunst, arbeitet Séverin Montagnet-Alarie von seinem Hotel L'Éden in Paris aus daran, sein Erbe zurückzubekommen, das ihm durch eine geschickte Manipulation aberkannt wurde: Eigentlich wäre er der Patriarch des Hauses Vanth, eines der Häuser, die den Orden von Babel anführen und über Macht und Magie verfügen. Stattdessen gilt das Haus Vanth als untergegangen, sodass nur noch Haus Kore und Haus Nyx über das französische Babelfragment wachen, aus dem die Schmiedekunst entspringt.
Seine Gefährten sind: Laila, eine Tänzerin und Bäckerin mit einem dunklen Geheimnis, Zofia, eine jungen Wissenschaftlerin, die zwar der Schmiedekunst mächtig ist, aber von der Universität verwiesen wurde, Enrique, einem Geschichtswissenschaftler mit philippinischer Herkunft, der nach Gerechtigkeit sucht, und Tristan, Séverins Bruder, der vor seiner Vergangenheit in die Gärten des Hotels flieht und sich dort seinen geschmiedeten Pflanzen widmet. Sie bilden ein beinahe unschlagbares Team für Akquisitionen aller Art, bis Hypnos, der Patriarch des Hauses Nyx, mit einer schier unmöglichen Mission an sie herantritt: sie sollen das Horus-Auge aus dem Haus Kore beschaffen - und im Gegenzug soll Séverin an sein Erbe kommen. Doch dieser Auftrag birgt Gefahren, die sie alle an ihre Grenzen bringen wird - und darüber hinaus...

Die Bewertung

Verwirrt von meiner Inhaltsangabe, unter anderem von den Begrifflichkeiten, die ich eingeworfen, aber nicht wirklich erklärt habe? Tja, so ging es mir beim Lesen auch. 
Der Leser wird mitten ins Geschehen hineingeworfen, doch auch auf den folgenden Seiten gibt es nur wenige Informationen über die Schmiedekunst, die Magie, die es in dieser Welt gibt: Bis zum 13. Geburtstag erwacht sie in jenen Menschen, die dazu bestimmt sind, die verschiedensten Materialien zu bearbeiten und ihnen Eigenschaften beizubringen, die an Magie grenzen. Aber nicht nur hier wird mit Informationen gegeizt: Auch die Vergangenheit der Hauptfiguren, vor allem Séverin, Laila, Enrique und Zofia, bleibt weitestgehend im Dunkeln. Damit meine ich nicht unbedingt die dunklen Geheimnisse in ihrer Vergangenheit, die in den Kapiteln, die jeweils aus ihren Perspektiven erzählt werden, nach und nach enthüllt werden, damit meine ich vor allem: Wie haben diese fünf so unterschiedlichen Menschen zusammengefunden? Immer wieder wird angedeutet, dass sie schon oft gemeinsam Objekte akquiriert haben (was wohl bedeutet, dass sie eigentlich eine geschickte Diebesbande sind), aber nichts darüber erfährt man. Und es wären diese Informationen, die das Ganze runder gemacht hätten. So wirkt es streckenweise nur wie eine zu ihrem Zweck dieser Handlung zusammengebrachte Gruppe von Figuren, eine weitere Anhäufung ungerecht behandelter Menschen, die allesamt eigene Motive verfolgt. Bei keinem von ihnen ist mir klar geworden, wie alt sie eigentlich sind, was nur dazu beiträgt, dass man sich verloren fühlt in alle dem, was nicht erzählt wird. Es hätte so viel dazu beigetragen, der Geschichte etwas mehr Zeit zu lassen, statt in dem irrsinnigen Tempo, das in den Action-Szenen viel Sinn und vor allem Spaß macht, von Szene zu Szene zu springen. Ich habe die ruhigen Zwischentöne vermisst und stand nach über 400 Seiten immer noch mit immensen Fragezeichen der Welt und der Magie und auch den Hauptfiguren gegenüber.
Der Stil der Autorin ist toll, man kann das Buch sehr angenehm lesen und es hat viel Wortwitz. Zwischendurch wirkten die Wortwechsel der Figuren zu bemüht, aber vielleicht liegt es auch daran, dass mir das Konzept der unglaublich intelligenten und geschickten Außenseiter gegen den Rest der Welt aufstößt, wenn ich die Figuren davon unabhängig nicht kennenlernen kann. Das Ende wartet dann mit immensen Zeitsprüngen auf mich, die wiederum auch nur den Wunsch wecken, dass es auch die Szenen gibt, in denen die Figuren einfach miteinander interagieren. 
Nichtsdestotrotz werde ich Band 2 lesen, denn an sich ist diese Welt und Geschichte vielversprechend und hat viel Steigerungspotenzial.


2.5 von 5 Punkte