Mittwoch, 15. April 2020

» Das Gold der Krähen ; Leigh Bardugo (Glory or Grave #2)

Der Nachfolgeband zu » Das Lied der Krähen


"Ein Dieb mit der Begabung, die unwahrscheinlichsten Auswege zu entdecken.
Eine Spionin, die nur »das Phantom« genannt wird.
Ein Verurteilter mit einem unstillbaren Verlangen nach Rache.
Eine Magierin, die ihre Kräfte nutzt, um in den Slums zu überleben.
Ein Scharfschütze, der keiner Wette widerstehen kann.
Ein Ausreißer aus gutem Hause mit einem Händchen für Sprengstoff.

Kaz Brekker und seinen Krähen ist ein derart spektakulärer Coup gelungen, dass sie selbst nicht auf ihr Überleben gewettet hätten. Statt der versprochenen fürstlichen Belohnung erwartet sie jedoch bitterer Verrat, als sie nach Ketterdam zurückkehren. Haarscharf kommen die Krähen mit dem Leben davon, Kaz' Geliebte Inej gerät in Gefangenschaft. Doch Kaz trägt seinen Spitznamen »Dirtyhands« nicht ohne Grund – von jetzt an ist ihm kein Deal zu schmutzig und kein Risiko zu groß, um Inej zu befreien und seinen betrügerischen Erzfeind Pekka Rollins zu vernichten."

Die Geschichte

Die Krähen wurden nach dem erfolgreichen Einbruch in das Eistribunal in Fjerda von ihrem Auftraggeber nicht nur betrogen, er hat sogar Inej entführt - als Druckmittel gegen Kaz. Doch Kaz hat im Barrel von Ketterdam nicht ohne Grund den Beinamen "Dirtyhands" erhalten - er entwirft einen Plan, wie sie nicht nur die verdiente Belohnung für den Coup erhalten, sondern sich auch für den Verrat rächen. Es ist ein Plan, wie nur er ihn entwerfen kann - denn er hat nicht vor, in der Stadt auch nur einen Stein auf dem anderen zu lassen...

Die Bewertung

Dies wird ein Liebeslied an die Krähen und an diesen fantastischen zweiten Band - soviel vorab!
Im Lied der Krähen haben wir die Protagonisten kennengelernt, ihre Stärken und Schwächen, die Herausforderungen, denen sie sich stellen. Das Gold der Krähen führt dies nun einer brillanten Handlung weiter, in der es nicht eine einzige Phase des Stillstands oder gar der Langeweile für den Leser gibt. Zudem gibt es keinen Zeitpunkt, in dem man als Leser denkt, dass man vollumfänglich weiß, was der Plan gerade vorgibt - immer wieder stellt man Theorien auf, wohin es führen könnte, weil man sich einbildet, das große Ziel zu kennen - man interpretiert, was man gerade liest, nur um wenige Seiten später festzustellen, dass man falsch lag (und zwar meistens völlig falsch). Dieses Buch ist voll von Charakteren, die sich weiterentwickeln, die wachsen, die stolpern und fallen und regelmäßig vor den Bruchstücken eines (genialen) Planes stehen... bei dem Tempo, das Leigh Bardugo an den Tag legt, wird einem beim Lesen zwischendurch beinahe schwindelig. Die Krähen, die man bereits in Teil 1 lieb gewonnen hat, wachsen einem durch die Nebenstränge und Entwicklung so sehr ans Herz. Sie gehen durch die Hölle und wieder zurück, mit Kratzern, Wunden und Narben, aber es führt nur dazu, dass man selbst mitleidet. Dieses Buch ist eine emotionale Achterbahn, die Feinde werden mächtiger, die Risiken größer, die Hindernisse schier unüberwindbar.
Es sind die kleinen Randnotizen und -figuren, die für die Zwischentöne sorgen, die das Besuch besonders machen: Beispielsweise taucht Jespers Vater in Ketterdam auf, was eine Vaterfigur einführt, die die Handlung prägt - und den Figuren gut tut, wirft sie doch auch noch einmal ganz neue Verhaltensweisen auf.
Es ist etwas Besonderes, in einem Buch eine starke, weibliche Figur zu sehen, die nicht versucht, einen Mann zu etwas zu machen, das er nicht ist, ganz egal, wie groß die Gefühle auch sein mögen.
"Das Gold der Krähen" ist eine fulminante (das Wort wollte ich schon immer mal benutzen...) Steigerung von Band 1 und es hat mich nicht losgelassen. Diese Welt ist seit sehr langer Zeit die erste, die eine ähnliche Rolle wie die Welt von Harry Potter spielen kann (ohne Harry abzulösen, mein Herz hat genug Platz für beide!) - und welch größeres Lob kann es von einem Potterhead geben?







5+ von 5 Punkte


Dienstag, 7. April 2020

» Postscript - Was ich dir noch sagen möchte ; Cecelia Ahern (P.S. Ich liebe dich #2)

"»Greif nach den Sternen. Einen davon wirst du bestimmt erwischen.«
Vor sieben Jahren ist Holly Kennedys geliebter Mann Gerry viel zu jung an Krebs gestorben. Er hat ihr ein wunderbares Geschenk hinterlassen: eine Reihe von Briefen, die sie durch die Trauer begleitet haben. Holly ist stolz darauf, dass sie sich inzwischen ein neues Leben aufgebaut hat. Da wird sie von einer kleinen Gruppe von Menschen angesprochen, die alle unheilbar krank sind. Inspiriert von Gerrys Geschichte, möchten sie ihren Lieben ebenfalls Botschaften hinterlassen.
Holly will nicht in die Vergangenheit zurückgezogen werden. Doch als sie beginnt, den Mitgliedern des »P.S. Ich liebe Dich«-Clubs zu helfen, wird klar: Jeder von uns kann seinen ganz eigenen Lebenssinn finden. Und die Liebe weitertragen. Wenn wir uns nur auf die Frage einlassen: Was will ich heute noch sagen und tun, falls ich morgen nicht mehr da bin?"

Die Geschichte

Sieben Jahre, nachdem Gerry gestorben und seiner Frau Holly eine Reihe von Briefen von ihm bekommen hat, hat sie ihr Leben wieder sortiert und steht auf festen Füßen: In einer neuen Beziehung, in einem Job, der ihr Freude macht. Der Stein kommt ins Rollen, als sie ihrer Schwester
Ciara ein Podcast-Interview über die Briefe gibt: Fünf kranke Menschen gründen, gerührt und inspiriert von der Geschichte, einen "P.S. Ich liebe dich"-Club und bitten Holly um ihre Hilfe, die Abschieds-Botschaften an ihre Familien zu entwerfen.
Hollys erste Reaktion ist Ablehnung: Sie spürt, wie die Schmerzen ihrer Vergangenheit die Finger nach ihr ausstrecken. Auch ihre Familie und Freunde sind stark geteilter Meinung, ob dieses, wenn auch schöne Projekt, ihr gut tun würde.
Doch mit jedem Moment, den sie mit den Mitgliedern des Clubs verbringt und ihre Geschichten hört, wird Holly klarer, dass sie hier helfen kann, vielleicht sogar helfen muss, und dass es einiges gibt, das Jahre nach dem letzten Brief noch ungesagt ist.

Die Bewertung

Heutzutage ist man ein bisschen skeptisch, wenn eine Fortsetzung veröffentlicht wird zu etwas, das nicht nur in sich abgeschlossen war, sondern auch, so wie es ist, ziemlich perfekt. Es ist lange, lange her, dass ich "P.S. Ich liebe dich" gelesen habe, aber ich weiß noch, dass es eines der Bücher gewesen ist, das den Hype durchaus irgendwie verdiente - eine herzerwärmende, schmerzhaft-schöne Geschichte über Liebe und Abschiede, Tod und Weiterleben - und natürlich ein Buch, das so (!) viel besser ist als der Film.
Cecelia Ahern greift die Fäden von Hollys Leben sieben Jahre nach dem Tod von Gerry wieder auf. Das Buch erzählt jedoch eine eigene Geschichte, in der natürlich lieb gewonnene und bekannte Figuren aus "P.S. Ich liebe dich" vorkommen, aber eben nicht an jeder Stelle eine Brücke geschlagen oder nacherzählt wird. Vor allem begleiten wir Holly eben auf ihrem Weg, in dem sie, Jahre nach dem letzten Brief von Gerry, mental wieder in diese Zeit zurückgezogen wird, und dem Spagat zwischen Gegenwart, möglicher Zukunft und Vergangenheit. Das Buch berührt, ohne kitschig zu sein, und wischt jegliche Bedenken über die Frage "Muss eine Fortsetzung sein?" weg - es ist nur irgendwie eine Fortsetzung, vor allem aber bettet es Fragen in ein bekanntes Setting, die man sich wohl nicht oft stellt.

4,5 von 5 Punkten

Montag, 6. April 2020

» Herzklopfen nicht ausgeschlossen ; Julia Hanel

"Feli hat sich damit abgefunden, dass das Leben kein Wunschkonzert ist. Anstatt Medizin zu
studieren, jobbt sie in einem Seniorenheim, um den Pflegeplatz für ihre demente Großmutter zu
bezahlen. Dort trifft sie auf Leo, der nach einer wilden Nacht zu Sozialstunden auf ihrer Station verdonnert wurde. Er ist genau die Art Mann, mit der Feli so gar nichts anfangen kann: zwar echt attraktiv, aber auch ziemlich selbstverliebt. Trotzdem schlägt ihr Herz in seiner Nähe wie verrückt. Doch als sie gerade Vertrauen zu ihm fasst, wird sie von Leo bitter enttäuscht …"

Die Geschichte

Nach einer ziemlich blöden Aktion (auf die dümmsten Ideen kommt man mit Alkohol) darf Leo 100 Sozialstunden ableisten - dank der guten Beziehungen seiner Familie in einer Seniorenresidenz, die eigentlich jugendliche Straftäter aufnimmt - was Leo mit seinen 29 Jahren nicht mehr ist (auch wenn Feli, die ihn betreuen darf, beinahe anderer Meinung ist). Der erste Eindruck ist denkbar schlecht, denn Leo überfährt Feli auf ihrem Fahrrad beinahe mit seinem Porsche. Sie scheint gegen seinen Charme immun, mit dem er sonst jeden um den Finger wickelt, jedenfalls jeden außer seiner Familie.
Feli, die in der Seniorenresidenz arbeitet, um die Wohnung ihrer Großmutter zu finanzieren, die seit einigen Monaten wegen Alzheimer dort lebt, um das Haus ihrer Großmutter halten zu können - weshalb sie ihr Studium auf Eis legen musste. Eigentlich ist das Geld immer knapp und da wirkt Leo, der mal eben einen Mähroboter für das Altenheim bestellt (um es sich selbst einfacher zu machen), der Porsche fahrende Jung-Millionär, auf Feli nur wenig anziehend. Und doch: Je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, desto mehr beginnt Feli hinter die Maske des Playboys zu schauen - und desto mehr kommt Felix dem Boden der Tatsachen jenseits des Münchner Glamour Lebens an.

Die Bewertung

Eine so locker-leichte, wunderbare Geschichte habe ich schon eine ganze Weile nicht mehr gelesen - so schön, dass ich sie mal eben so an einem Nachmittag durchgelesen habe. Sozusagen weggeatmet. Leo und Feli, so wie Anila oder Alexander oder Natalja oder Sepp (oder-oder-oder) sind Figuren, die einem so echt erscheinen, als könnte man ihnen im Treppenhaus begegnen. Es ist eine Kunst, in dieser aktuell von Liebesgeschichten gefluteten Welt eine zu schreiben, die erfrischend und modern wirkt, so neu, unaufgesetzt und lebendig. Julia Hanel bringt zwei Figuren zusammen, die weder Insta-Love erleben, sondern aneinander, an sich und am Leben wachsen. Außerdem sprühen die Kapitel von Wortwitz und popkulturellen Referenzen (spätestens mit der ersten Harry Potter-Anspielung hatte das Buch mein Herz erobert), was erst Recht dazu führt, dass man weiterlesen möchte.

5 von 5 Punkten

Samstag, 4. April 2020

» Ich bin Circe ; Madeline Miller

"Unsterblich. Unvollkommen. Unbezähmbar.
Circe ist Tochter des mächtigen Sonnengotts Helios und der Nymphe Perse, doch sie ist ganz anders als ihre göttlichen Geschwister. Ihre Stimme klingt wie die einer Sterblichen, sie hat einen schwierigen Charakter und ein unabhängiges Temperament; sie ist empfänglich für das Leid der Menschen und fühlt sich in deren Gesellschaft wohler als bei den Göttern. Als sie wegen dieser Eigenschaften auf eine einsame Insel verbannt wird, kämpft sie alleine weiter. Sie studiert die Magie der Pflanzen, lernt wilde Tiere zu zähmen und wird zu einer mächtigen Zauberin. Vor allem aber ist Circe eine leidenschaftliche Frau: Liebe, Freundschaft, Rivalität, Angst, Zorn und Sehnsucht begleiten sie, als sie Daidalos, dem Minotauros, dem Ungeheuer Scylla, der tragischen Medea, dem klugen Odysseus und schließlich auch der geheimnisvollen Penelope begegnet. Am Ende muss sie sich als Magierin, liebende Frau und Mutter ein für alle Mal entscheiden, ob sie zu den Göttern gehören will, von denen sie abstammt, oder zu den Menschen – die sie lieben gelernt hat."

Die Geschichte

Als Tochter vom Titanen Helios, der Tag für Tag in seinem Sonnenwagen über den Himmel zieht und ein nicht gerade sonniges, sondern eher feuriges Temperament hat, und der Nymphe Perse, Tochter des Titanen Okeanos, wird Circe geboren - und ist scheinbar von ihren ersten Atemzügen an nicht genügend: Ihre Stimme entbehrt jeglicher göttlichen Strahlkraft, ebenso wie ihr Aussehen in den Augen ihrer Mutter.
Als ihre Geschwister geboren werden, wird offensichtlich, dass Circe am Hof ihres Vaters keinen Platz hat. Ihre Schwester wird an einen Sohn des Zeus verheiratet, doch für Circe findet sich kein Ehemann, der Helios' Einfluss gewinnen lässt, und sie selbst verliebt sich in einen menschlichen Fischer. Als sie Glaukos in einen Meeresgott verwandelt, wird offenbar, dass ihre Fähigkeiten für die Götter nicht zu begreifen sind. Circe verwandelt aus Eifersucht die Nymphe Scylla in ein Monster - und als sie vor ihrem Vater diesen Fehler gesteht, wird sie für ihre Hexenkunst auf die Insel Aiaia verbannt.
In Jahrhunderten voller Einsamkeit, mit seltenen Besuchen des Gottes Hermes, findet Circe zu ihren Fähigkeiten und zu sich selbst. Doch ihr Weg wartet noch mit vielen weiteren Herausforderungen auf sie.

Die Bewertung

Ich bin (spätestens seit Rick Riordans Percy Jackson-Büchern) ein großer Fan der griechischen Mythologie. Hier erzählt Madeline Miller die jahrhundertelange Geschichte einer Titanentochter, einer Hexe, die man aus den Geschichten der Odyssee kennt, in denen Circe Männer in Schweine verwandelt und erst vom Helden Odysseus herausgefordert und bezwungen wird.
Madeline Miller zeigt den Weg einer Göttin, die aufgrund eines menschlichen Zuges, nämlich Reue über ihre Taten, in eine ewigliche Verbannung gejagt wird. Denn das unterscheidet Circe von den anderen Göttern: Sie hat keine starken göttlichen Fähigkeiten, vielmehr zeichnen sie menschliche Züge aus, die schon Prometheus in ihr weckte, der den Menschen so nahe war, dass er ihnen das Feuer gab.
"Ich bin Circe" erzählt die Geschichte einer wachsenden, stärker werdenden Frau, einer Göttin, einer Hexe, eines verliebten Mädchens ebenso wie einer unsicheren Tochter, einer Mutter. Sie ist zutiefst menschlich in den Schwächen, die sie hat, und sie wächst im Laufe der Zeit an den Herausforderungen, die das Leben ihr stellt. Sie muss mit den Fehlern so viel länger leben als wir Menschen es tun, und dennoch zerbricht sie nicht daran.
Daneben wirft das Buch auch einen Blick auf die vielen Facetten der griechischen Mythologie, auf Götter- und Heldengeschichten mit all den blutigen und grausamen Details - die vor allem von Männern geprägt ist. Ein Buch des Feminismus', angesiedelt in der Antike - neben all den göttlichen Geschichten ist es vor allem ein Buch über den Weg einer starken Frauenfigur. Großartig!

4,5 von 5 Punkten