Dienstag, 23. Februar 2021

» Mädchen, Frau etc. ; Bernardine Evaristo

"Die Dramatikerin Amma steht kurz vor dem Durchbruch. In ihrer ersten Inszenierung am Londoner National Theatre setzt sie sich mit ihrer Identität als schwarze, lesbische Frau auseinander. Ihre gute Freundin Shirley hingegen ist nach jahrzehntelanger Arbeit an unterfinanzierten Londoner Schulen ausgebrannt. Carole hat Shirley, ihrer ehemaligen Lehrerin, viel zu verdanken, sie arbeitet inzwischen als erfolgreiche Investmentbankerin. Caroles Mutter Bummi will ebenfalls auf eigenen Füßen stehen und gründet eine Reinigungsfirma. Sie ist in Nigeria in armen Verhältnissen aufgewachsen und hat ihrer Tochter Carole aus guten Gründen einen englischen Vornamen gegeben.

Auch wenn die Frauen, ihre Rollen und Lebensgeschichten in Bernardine Evaristos Mädchen, Frau etc. sehr unterschiedlich sind, ihre Entscheidungen, ihre Kämpfe, ihre Fragen stehen niemals nur für sich, sie alle erzählen von dem Wunsch, einen Platz in dieser Welt zu finden. "

Die Handlung

Amma, Shirley, Bummi, Penelope, Jazz... Bernardine Evaristo versammelt in ihrem Roman die Geschichten von Frauen. Frauen, die ihren Platz in der Gesellschaft erkämpfen müssen, die ihre Identitäten finden und verteidigen müssen, Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen machen und sind die Stimmen des Feminismus - heute und früher. Denn die Wege dieser Frauen werden nicht nur in der aktuellen Zeit verfolgt, sondern zeigen auch, wo sie herkommen - und wie weit (oder wenig weit) sie gekommen sind.
Amma beispielsweise schreibt Theaterstücke und erhofft sich ihren Durchbruch mit einem Stück, mit dem sie als schwarze Frau und als lesbische Frau ihre Stimme erheben will. Ihre Tochter Jazz sucht an der Universität ihren Weg - zwischen Privilegien und Kämpfen. Mit jeder neuen Figur, die Evaristo einführt, spinnt sie das Netz weiter, denn über die eine oder andere Ecke sind ihre Schicksale und Wege alle miteinander verbunden, was die Neugier auf die neuen Figuren nur steigert.

Die Bewertung

In dieses Buch musste ich mich ein wenig hineinkämpfen, da bin ich ganz ehrlich. Die unkonventionelle Schreibweise, ohne Punkte, ohne wörtliche Rede, mutet beinahe lyrisch an und so hat es einige Kapitel gebraucht, bis ich den Ton des Buchs fühlen konnte und plötzlich feststellte, wie sehr es mich in seinen Bann gezogen hat. Mich faszinieren Geschichten, in denen Figuren auf so unterschiedliche Weisen zusammengehören. Außerdem erzählt die Autorin mit viel Macht über den Kampf der Feministinnen, der Schwarzen Frauen, derjenigen Frauen, die nicht dem heteronormativen, weißen Weg folgen (können und wollen) und damit die Gesellschaft wieder und wieder herausfordern - und damit eine Geschichte schwarzer Frau (in England) nachzeichnet. Ich konnte wieder einmal viel lernen und bin dafür sehr dankbar. Viele Situationen haben mich tief getroffen, sowohl aus einem Mitgefühl heraus als auch wegen einer gewissen Schuld, die ich empfinde wegen meines so leichten Weges. Dieses Buch trägt seine Preise zurecht und sollte von so viel mehr Menschen gelesen werden. 

4 von 5 Sterne